Als ich wach wurde und aus dem Fenster blickte, sah ich das erste Mal die Landschaft bei Tageslicht und war begeistert. Ich sah Berge und fand mich in einem malerischen Dorf wieder, indem ich gestern nachts bei Regen herumirrte, um das richtige Haus zu finden. Es war alles sehr idyllisch und man hätte hier gewiss ein paar sehr gute Motive für Postkarten gefunden.
Als ich schlaftrunken Richtung Küche ging, kam mir S. entgegen und meinte nur „Hey, kannst dir gerne was zum Frühstücken nehmen, duschen kannst au, ich bin mal draußen, der Nachbar ist gerade da und wir schneiden Holz.“ So aß ich schnell zwei Brote und half dann den beiden beim Holzzuschnitt, jedoch war die Arbeit aufgrund der Top Gerätschaften des Nachbars (Holzschneideanhänger, kleiner Caterpilar) und einem Traktor mit Kippanhänger binnen kürzester Zeit erledigt.
Die nächsten zwei Tage waren großartig. Ich bin beim Bauernhof von S. untergekommen, die mich schon letztes Jahr einlud, sie zu besuchen. Diesen Hof betreibt sie derzeit mit ihrem Bruder und einem Freund, weitere Leute würden nachkommen. Sie arbeiten seitdem daran, einen Selbsterhalterhof aufzubauen und haben viele Ideen und schon angefangen diese in die Tat umzusetzen.
Ich war am ersten Tag, neben Holzschneiden helfen und Dachziegeln ausladen und schlichten, mit S. durch Wald und Wiese wandern. Mittags wurde gemeinsam ein Müsli mit frischen Obst zubereitet und Abends wurde dann gemeinsam gekocht, gegessen und auch ein tolles Gesellschaftsspiel namens Dominion gespielt.
Am zweiten Tag war es bewölkt und ich entschloss mich trotzdem in dieser Gegend umherzustreunen. Es war eine sehr anstrengende Angelegenheit, da zum einen die Radwege (immerhin gab es immer wieder neben den Straßen eigene Radwege, da könnte sich Niederösterreich eine Scheibe abschneiden) teilweise verwirrend oder nicht gut ausgeschildert waren, wird aber auch sicher teilweise mein Verschulden sein, da ich das deutsche System noch nicht gewohnt war. Was ich schon vermisste war neben den Fahrradpiktogrammen und den Pfeilen wenigstens ein zwei Ortsnamen, wo denn der Radweg hinführen würde. Das zweite Problem war, dass die Gegend nicht unbedingt eben war. Es waren einige Steigungen dabei und kaum hat man sich wo hoch geplagt und freute sich über das Rollen bergab, kam bei der nächsten Kurve die Ernüchterung und man musste wieder bergauf radeln. Doch es war wirklich eine schöne Tour über Bundesstraße, Radwege, Güterstraßen und Forstwege. Sehr abwechslungsreiche Gegenden, die mich immer wieder ohne die Häuser und Bauernhöfe doch ans Auenland erinnerte.
Abends wurde dann wieder gemeinsam gekoch, gequatscht, gescherzt und Dominion gespielt.
Ich muss sagen, dass mir die Gemeinschaft sehr gut gefallen hat. Mir ist ebenfalls sehr wichtig, dass man gemeinsam kocht, isst, quatscht und spielt und arbeitet. Ich habe es mir natürlich nicht nehmen lassen auch elektrisch ein paar Kleinigkeiten zu beheben und ihnen Tipps für die Elektroinstallation zu geben.
Alles im Allem war es eine sehr schöne und angenehme, stressbefreite Zeit. Ich habe mich mehr als herzlich willkommen gefühlt und fuhr am Mittwoch sogar zwei Stunden später als geplant, da ich nicht Hals über Kopf türmen wollte, sondern die Tage angenehm im mittlerweile vertrautem Kreis ausklingen lassen wollte. Wir verabschiedeten uns um 12:30 und ich fuhr mit dem Rad Richtung Immenstadt, wo ich im Begriff war, meinen ersten Tag am Donauradweg mit dem Zug entgegen zu fahren.
Ich war nervös, nun geht es wirklich los. Ich war gespannt, wie es nun weiter gehen würde. Hält das Wetter? Habe ich nichts vergessen? Würde es zu technischen Pannen kommen? Ich versuchte mich im optimistischen Denken. S. sagte noch mit einem Lächeln zu mir, wie sie merkte dass ich doch etwas aufgeregt bin „Es wird scho laufen.“ Das denke ich auch.